Gesetz über die Wahl zum Nationalen Volkskongress und zu den örtlichen Volksvertretungen (WahlG)
Die Wahlen zu den Volksvertretungen sind Höhepunkte im gesellschaftlichen Leben der Volksrepublik Tchino. Ihre Vorbereitung und Durchführung dient der Stärkung des sozialistischen Staates und der weiteren Entfaltung und Vervollkommnung der sozialistischen Gesetzlichkeit.
Abschnitt I - Allgemeines
§ 1. Wahlkommission.
(1) Die Organisation und Durchführung der Wahlen nach diesem Gesetz erfolgt durch die demokratisch gebildeten Wahlkommissionen.
(2) Die zuständige Wahlkommission leitet die Vorbereitung und Durchführung der Wahl, kontrolliert die Aufstellung der Wählerlisten sowie die Einrichtung der Wahllokale und Sonderwahllokale, stellt das Ergebnis und die Gültigkeit der Wahl fest, veranlasst die öffentliche Bekanntgabe des Wahlergebnisses und benachrichtigt die gewählten Abgeordneten und Nachfolgekandidaten von ihrer Wahl.
§ 2. Zusammensetzung der Wahlkommission.
(1) Der Wahlkommission gehören Vertreter der demokratischen Parteien und Massenorganisationen, Produktionsarbeiter, Genossenschaftsbauern, Angehörige der Intelligenz, Angehörige der bewaffneten Organe und andere Werktätige an.
(2) Die Bildung der Wahlkommission für die Wahl zum Nationalen Volkskongress erfolgt auf Vorschlag des Ständigen Ausschusses durch Beschluss des Nationalen Volkskongresses. Die Bildung der Wahlkommissionen für die örtlichen Volksvertretungen erfolgt auf Vorschlag des Ständigen Ausschuss des Nationalen Volkskongresses durch Beschluss der örtlichen Volksvertretungen.
(3) Die Wahlkommission für die Wahlen zum Nationalen Volkskongress und die Wahlkommissionen für die Wahlen der örtlichen Volksvertretungen üben ihre Aufgaben so lange aus, bis sie durch Beschluss nach Absatz 2 neu gebildet werden.
(4) Die Wahlkommissionen berichten dem Ständigen Ausschuss des Nationalen Volkskongresses über die Erfüllung ihrer Aufgaben.
§ 3. Wahlberechtigung und Wählbarkeit.
(1) Alle Bürger der Volksrepublik Tchino, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, besitzen unabhängig von Nationalität, Rasse, Geschlecht, Beruf, sozialer Herkunft, Religion, Bildungsstand, Vermögenslage und der Dauer ihrer Ansässigkeit die grundsätzliche Berechtigung, die Abgeordneten des Nationalen Volkskongresses und der örtlichen Volksvertretungen zu wählen (aktives Wahlrecht).
(2) Grundsätzlich wählbar in den Nationalen Volkskongress oder eine örtliche Volksvertretung ist, wer wahlberechtigt ist (passives Wahlrecht).
Abschnitt II - Wahlvorbereitung
§ 4. Wählerlisten.
(1) In jedem Wahlkreis werden unter Verantwortung der zuständigen Wahlkommission bis spätestens 21 Tage vor dem Wahltag Wählerlisten aufgestellt.
(2) Wählen und gewählt werden kann nur, wer in der Wählerliste seines Wahlkreises eingetragen ist. Für Auslands-Tchinosen und andere Wahlberechtigte, die sich während der Wahlen nicht auf dem Staatsgebiet der Volksrepublik befinden, trifft der Ständige Ausschuss des Nationalen Volkskongresses die erforderlichen Festlegungen.
(3) Für die Wahl zu einer Volksvertretung der gleichen Ebene kann ein Bürger nur in einem Wahlkreis in die Wählerliste eingetragen sein.
(4) Die Wahlberechtigung kann in den gesetzlich vorgesehenen Fällen entzogen werden.
§ 5. Wahlkreise.
(1) Die Abgeordneten des Nationalen Volkskongresses und der örtlichen Volksvertretungen werden in Wahlkreisen gewählt.
(2) Der Ständige Ausschuss des Nationalen Volkskongresses bestimmt unter Berücksichtigung der Bevölkerungszahl die Wahlkreise und die Zahl der in den einzelnen Wahlkreisen zu wählenden Abgeordneten für die Wahlen zum Nationalen Volkskongress.
(3) Die örtlichen Volksvertretungen bestimmen unter Berücksichtigung der Bevölkerungszahl die Wahlkreise und die Zahl der in den einzelnen Wahlkreisen zu wählenden Abgeordneten für die Wahlen zu den örtlichen Volksvertretungen.
§ 6. Aufstellung der Wahlvorschläge.
(1) Die Kandidaten für die Wahl zum Nationalen Volkskongress und den örtlichen Volksvertretungen werden von den demokratischen Parteien und Massenorganisationen aufgestellt. Die demokratischen Parteien und Massenorganisationen haben das Recht, ihre Vorschläge zu einem gemeinsamen Wahlvorschlag zu vereinigen.
(2) Die von den demokratischen Parteien und Massenorganisationen aufzustellenden Kandidaten sollen zuvor von den Kollektiven, in denen sie tätig sind, geprüft und vorgeschlagen werden.
(3) In jedem Wahlkreis können mehr Kandidaten aufgestellt werden, als Abgeordnetenmandate zu besetzen sind.
(4) Ein Kandidat kann für die Wahl zu einer Volksvertretung der gleichen Ebene nur in einem Wahlkreis und nur für einen Wahlvorschlag kandidieren.
§ 7. Einreichung der Wahlvorschläge.
(1) Die Wahlkommission fordert spätestens 21 Tage vor dem Wahltag mittels öffentlicher Bekanntmachung zur Einreichung von Wahlvorschlägen auf.
(2) Die Wahlvorschläge sind durch die demokratischen Parteien und Massenorganisationen spätestens 14 Tage vor dem Wahltag bei der Wahlkommission einzureichen. Sie müssen für jeden Kandidaten Zu- und Vorname, Geburtstag, Geburtsort, Beruf und Wohnanschrift, die schriftliche Zustimmung des Kandidaten zu seiner Kandidatur sowie eine Bescheinigung der örtlich zuständigen Behörde über die Wählbarkeit des Kandidaten enthalten.
(3) Die Wahlvorschläge in einem Wahlkreis werden spätestens 7 Tage vor dem Wahltag von der zuständigen Wahlkommission bestätigt und öffentlich bekannt gemacht.
§ 8. Pflichten der Wahlkreisbewerber.
(1) Die Kandidaten sind verpflichtet, sich in ihrem Wahlkreis den Wählern vorzustellen und ihre Fragen zu beantworten.
(2) Die Wähler sind berechtigt, Anträge zur Absetzung von Kandidaten vom Wahlvorschlag zu stellen.
§ 9. Absetzung von Kandidaten.
(1) Werden von den Wählern Anträge zur Absetzung eines Kandidaten von dem Wahlvorschlag gestellt, soll die Wahlkommission im Zusammenwirken mit den demokratischen Parteien und Massenorganisationen eine Entscheidung über die Aufrechterhaltung oder Zurückziehung des Kandidatenvorschlages herbeiführen.
(2) Bei Zurückziehung des Kandidatenvorschlages kann die demokratische Partei oder Massenorganisation bis spätestens 3 Tage vor der Wahl einen anderen Kandidaten benennen. Das gilt auch, wenn ein Kandidat aus anderen Gründen ausscheidet.
(3) Das Ausscheiden eines Kandidaten wird durch Beschluss der Wahlkommission bestätigt.
Abschnitt III - Wahldurchführung
§ 10. Dauer der Wahl.
(1) Wahlen dauern in der Regel sieben Tage.
(2) Die Wahlkommissionen können für ihre Wahlkreise oder der Ständige Ausschuss des Nationalen Volkskongresses generell für alle Wahlkreise zur Wahl des Nationalen Volkskongresses oder zu einer örtlichen Volksvertretung eine Abweichung von Absatz 1 beschließen, wenn besondere Umstände eine Verkürzung der Wahldauer auf mindestens vier Tage oder eine Verlängerung der Wahldauer auf höchstens zehn Tage rechtfertigen.
(3) Die Wahlkommissionen stellen sicher, dass die Stimmabgabe und Auszählung in ihren Wahlkreisen geordnet verlaufen.
§ 11. Wahlverfahren.
(1) Jeder Wahlberechtigte verfügt zur Wahl des Nationalen Volkskongresses und zu den Wahlen der örtlichen Volksvertretungen in dem Wahlkreis, in dessen Wählerverzeichnis er eingetragen ist, über so viele Stimmen, wie Abgeordnete in dem Wahlkreis zu wählen sind.
(2) Wähler können jedem Kandidaten eine Stimme geben. Sie können einem Kandidaten auch keine Stimme geben, womit sie verfällt.
(3) Die Wahl erfolgt durch Stimmzettel ohne Namensnennung des Wählers. Wähler müssen sich zur Stimmabgabe in die Wahlkabine begeben. Sie müssen in der Wahlkabine Ihren Stimmzettel so falten, dass Ihre Wahlentscheidung nicht erkennbar ist.
(4) Die Wahlkabine ist allein zu nutzen, es sei denn der Wähler kann nicht lesen oder wegen einer Behinderung den Stimmzettel nicht selbst kennzeichnen oder falten. Diese Wähler können sich von einer anderen Person helfen lassen.
§ 12. Wahlergebnis.
(1) Gewählt sind diejenigen Kandidaten, die mehr als die Hälfte der gültigen Stimmen auf sich vereinigen.
(2) Erhält eine größere Zahl der Kandidaten mehr als die Hälfte der gültigen Stimmen, als Mandate im jeweiligen Wahlkreis vorhanden sind, so werden die Mandate wie folgt vergeben:
a) es wird zunächst den Wahlvorschlägen eine Anzahl an Mandaten zugeteilt, die dem Stimmenanteil der Kandidaten des Wahlvorschlages an den vergebenen Gesamtstimmen des Wahlkreises entspricht;
b) sodann werden die Kandidaten eines Wahlvorschlages nach fallendem Stimmenanteil gereiht;
c) die gewählten Kandidaten erhalten in dieser Reihenfolge ein Abgeordnetenmandat;
d) bei Stimmengleichheit mehrerer Kandidaten entscheidet das Los über die Reihenfolge;
e) stehen einem Wahlvorschlag mehr Abgeordnete zu, als Kandidaten vorhanden sind, so bleiben die übrigen Mandate bis zum Ablauf der Wahlperiode unbesetzt;
f) Kandidaten eines Wahlvorschlages, die wegen Erschöpfung der Anzahl an Mandaten bei der Vergabe nicht zum Zuge kommen, werden in der festgestellten Reihenfolge zu Nachfolgekandidaten.
(3) Das nach den Absätzen 1 und 2 ermittelte Wahlergebnis stellt die zuständige Wahlkommission spätestens sieben Tage nach der Wahl öffentlich fest.
Abschnitt IV - Mitgliedschaft im Nationalen Volkskongress
§ 13. Beginn und Ende der Pflichten der Abgeordneten.
(1) Die Rechte und Pflichten der Abgeordneten beginnen mit dem Tag der Feststellung der Wahl zu ihrer Volksvertretung und enden am Tage der Feststellung der Wahl zur Volksvertretung der neuen Wahlperiode.
(2) Während der Wahlperiode erlischt das Mandat eines Abgeordneten durch Tod, durch Verlust der Wählbarkeit, durch Aufhebung des Mandats oder durch Abberufung. Bei Tod oder Verlust der Wählbarkeit stellt die Volksvertretung, im Falle des Nationalen Volkskongresses der Ständige Ausschuss, das Erlöschen des Mandats fest.
(3) Die Aufhebung ihres Mandats können Abgeordnete des Nationalen Volkskongresses oder der örtlichen Volksvertretungen in Abstimmung mit der demokratischen Partei oder der Massenorganisation, für die sie gewählt worden sind, beantragen. Die Aufhebung des Mandats kann auch von den demokratischen Parteien oder Massenorganisationen beantragt werden. Die Volksvertretung, im Falle des Nationalen Volkskongresses der Ständige Ausschuss, entscheidet über die Anträge.
(4) Verletzt ein Abgeordneter gröblich das in ihn gesetzte Vertrauen der Werktätigen, kann eine Anzahl von wenigstens einem Viertel derjenigen Wahlberechtigten, die in der Wählerliste des Wahlkreises eingetragen waren, sowie die demokratische Partei oder Massenorganisation, für die der Abgeordnete gewählt worden ist, seine Abberufung verlangen. Die Volksvertretung, im Falle des Nationalen Volkskongresses der Ständige Ausschuss, entscheidet über die Abberufung des Abgeordneten.
(5) Die vorgenannten Regelungen gelten für Nachfolgekandidaten entsprechend.
(6) Erlischt das Mandat eines Abgeordneten, tritt an seine Stelle der nächste Nachfolgekandidat des Wahlkreises. Das Nachrücken eines Nachfolgekandidaten stellt die Volksvertretung durch Beschluss fest; im Falle des Nationalen Volkskongresses fasst den Beschluss der Ständige Ausschuss.
Abschnitt V - Schlussbestimmungen
§ 14. Schlussbestimmung.
Dieses Gesetz tritt mit seiner Verkündung in Kraft. Gleichzeitig tritt das Gesetz zur Durchführung von Wahlen vom 06.04.2006 außer Kraft.
In Kraft getreten am 04.04.2025.